Wir haben für euch ein Interview mit Thomas „Khaldor“ Kilian geführt, einem der größten Heroes Caster.
Snowholmes: Hallo Khaldor. Danke, dass du dir Zeit für uns nimmst.
Khaldor: Ja kein Thema.
Snowholmes: Wie bist zu zum Casten gekommen?
Khaldor: Jetzt würde ich gerne einfach faul sein und dir das FAQ-Video linken. Also grundsätzlich war es so, dass ich damals relativ involviert im deutschen Bereich der Warcraft 3 Szene war, hauptsächlich auf warcraft.de. Dort war ich erst als Foren-Admin aktiv und bin mit der Zeit bis zum Webmaster aufgestiegen. Ich habe die Seite geleitet und hatte auch ein eigenes Warcraft 3 Team. Unter Anderem war ich auch an der Turnierorganisation beteiligt.
Damals war es halt alles noch Audio, das heißt wir hatten nicht so wie heute Twitch oder Hitbox, wo eben 50.000 Streams gleichzeitig laufen, sondern es gab in Form von Coverage für die Turniere vielleicht mal alle 2-3 Wochen eine Audioübertragung. Das kann man sich vorstellen wie heute eine Fußballübertragung im Radio. Dementsprechend waren die Leute noch darauf gehyped, weil es etwas Besonderes war.
Dann ist halt damals der Caster ausgefallen und die Frage war groß, wer den Cast übernehmen könnte. Wir hatten alles groß angekündigt und konnten also nicht einfach sagen, dass es nun ausfällt. Dementsprechend habe ich gesagt: “Wenn mir jemand erklärt wie ich die Programme einstellen muss und was ich dafür brauche, dann probiere ich das gerne mal”. Dann haben wir das damals übers Telefon eingestellt.
Ob ich online bin, oder nicht, wusste ich nicht. Das Turnier hatte bereits gestartet und ging in die erste Runde. Ich weiß noch, ich habe damals auf Start gedrückt und meine ersten Worte waren.: “Ich weiß nicht ob mich jemand hört, aber ich mach halt mal.”
So lief der erste Cast. Das fanden die Leute dann ganz lustig und cool und dann hieß es immer öfter “Hey hast du nicht Bock” und “kannst du nicht mal wieder casten” und dann habe ich entsprechend immer wieder die Turniere gemacht. So lief das Ganze dann.
Snowholmes: Und dann bist du auf Starcraft 2 umgestiegen…
Khaldor: Richtig. Das war allerdings sehr viel später. Das war glaub ich knapp 8 oder 9 Jahre später. Ich habe angefangen zu casten als ich noch in der Schule war und mein Abi gemacht habe und dann eben durchweg während des Studiums weiter kommentiert. Nach dem Studium bin ich dann ein Jahr nach Australien. Währenddessen fing die Beta für Starcraft 2 an.
Wir wussten bereits vorher, dass wir auch eine Starcraft-Seite machen wollten. Ich habe in Australien schon angefangen die Beta zu spielen. Da hatte ich halt kein Internet, dass es in irgendeiner Art ermöglicht hätte zu kommentieren.
Als ich dann wieder zuhause in Deutschland war habe ich mir gesagt: “Okay ich probiere jetzt ein Jahr lang eSports aus, hauptberuflich und mache eben nichts in meinem Studium und schau halt mal, ob es mir gefällt.
Wobei ich halt wusste, dass das Geld im Vergleich zu meinem Studium deutlich schlechter ausfällt. Deshalb habe ich mir die Frist von einem Jahr gesetzt. Dann habe ich angefangen bei Freaks4U als Projektmanager zu arbeiten und dort auch zu casten. Dort bin dann auch mit Starcraft von Deutsch auf Englisch umgestiegen.
Snowholmes: Da gab es diesen einen Stream, als der englische Cast ausgefallen ist und alle zu dir gewechselt sind.
Khaldor: Richtig. Also er ist nicht ausgefallen, er war wohl angeblich einfach nur schlecht wurde mir damals gesagt. Damals war es so, dass ich plötzlich in den Zuschauerzahlen gestiegen bin und hatte auf einmal um die 10.000 Zuschauer und vor Allem in den Anfängen von Starcraft war das absolut gigantisch für einen deutschen Stream.
Irgendwann hat mir jemand gesagt “Pass auf, der englische Stream ist wohl relativ grottig und jemand hat auf TeamLiquid gepostet, dass da so ein verrückter Deutscher voll am Ausrasten ist bei den Spielen und die gucken gerade alle dir zu”
Als ich das dann gehört habe, habe ich mir gedacht: “Gut es ist zwar ein deutscher Stream, aber dann kann ich ja in den Pausen den Leuten auf Englisch mal ein bisschen erklären was grad‘ so los ist. Daraufhin sind im Chat alle durchgedreht: “wie der kann englisch?!”.“
Das war dann halt der Tenor, wo die Leute gesagt haben, ja dann caste doch mal auf Englisch. Das habe ich dann 1-2 Mal probiert und war mir am Anfang noch nicht ganz sicher. Es gefiel den Zuschauern dann aber auch und dann kam der Wechsel komplett ins englische.
Kurz danach kam dann auch direkt ein Angebot, bzw. eine Ausschreibung, dass Korea Caster sucht, da habe ich mich dann einfach beworben und war dann ein paar Wochen später direkt in Korea.
Snowholmes: In Korea warst du dann etwas länger und bist dann 2014 zurück nach Deutschland.
Khaldor: Genau. Ursprünglich wollte ich 3 Monate in Korea bleiben. Insgesamt wurden aber 3 Jahre daraus, weil die gerne länger mit mir zusammenarbeiten wollten. Und nach 3 Jahren war dann auch einfach Schluss. Mir war von Anfang an klar, dass ich nicht mein Leben lang in Korea bleiben möchte. Das hat sich dann angeboten, weil eben auch Heroes rauskam und ich das viel gespielt habe.
Mit dem Umzug zurück nach Deutschland war der Gedanke, dass ich in vielen Sachen meine eigenen Kanäle aufbaue. Hauptsächlich eben YouTube und auch Twitch, um nicht mehr ganz so abhängig zu sein, von einer anderen Organisation, wie damals.
Es hat einfach wenig Sinn gemacht dann mit Starcraft 2 einen Youtube Kanal aufzubauen, weil der Markt einfach komplett gesättigt war. Mit dem neuen Spiel war die Chance von Anfang an dabei zu sein und das Spiel an sich hat mir auch extrem viel Spaß gemacht, von daher war der Schritt recht logisch.
Snowholmes: Wie lief das mit dem Umstieg auf Heroes genau?
Khaldor: Mit dem Umstieg war es so: Ich habe am Anfang noch relativ viel beides gecastet. Auf Offline-Events habe ich Starcraft gecastet, mich aber im Online Bereich auf Heroes konzentriert. Der Wechsel hat sich dann in sofern angeboten, dass ja 2015 auch “Legacy of the Void” rauskam und da musste dann die Entscheidung getroffen werden, ob ich versuche zweigleisig zu fahren und ob ich das überhaupt auf dem Level casten kann, auf dem ich es gern möchte.
Sowohl Heroes als auch Starcraft sind zwei technisch anspruchsvolle Spiele, zumindest was das Fachwissen des Kommentators angeht. Das jetzt eben aufzubauen in “Legacy of the Void” zusätzlich zu Heroes klappt meiner Meinung nach nicht. Auf dem Level, auf dem ich gerne casten würde, ist das in beiden Spielen nicht möglich.
Dementsprechend musste ich mich dann entscheiden und da ich mir in Hereos bereits als analytischer Caster einen Namen gemacht hatte und auch das Fachwissen einfach angeeignet habe, machte es deutlich mehr Sinn weiter bei Heroes zu bleiben und Starcraft 2 mit dem Ende von “Heart of the Swarm” auslaufen zu lassen.
Snowholmes: Du hast eben schon erwähnt, dass man als Caster eine Menge Fachwissen braucht. Auf was muss man denn als Caster alles achten?
Khaldor: Das ist immer ein Unterschied, ob man alleine castet oder zu zweit. Momentan ist es ja so, dass ich vor Allem im online Bereich relativ viel alleine caste. Das kommt einfach dadurch, dass es recht schwer ist online zu zweit zu casten. Die meisten Caster-Duos, die es in dem Bereich gibt, casten von der gleichen Location aus. Es kommen immer wieder ein paar Elemente dazu, wenn man versuchen will online zu casten, die Probleme bereiten oder bereiten können.
Wenn man alleine castet ist es so, dass man zwangsläufig versuchen muss beide Rollen zu füllen. Klar man muss das Fachwissen haben, wenn man in den Cast geht, aber gleichzeitig sollte man eben auch in der Lage sein zu unterhalten, ansonsten wird es für den Zuschauer irgendwann relativ dröge.
Was dann auch noch wichtig ist ist, dass man sich um das Observing und alles kümmern muss. Solo casten ist meiner Meinung nach das mit Anspruchsvollste was man eigentlich machen kann, weil man eben den Spagat schaffen muss zwischen:
- ich muss meinen Zuschauer unterhalten
- ich muss ihn informieren und das Fachwissen an den Tag legen
- ich muss mich noch um die komplette Produktion kümmern.
Wenn man jetzt auf einem Offline-Event ist und ein ganzes Produktionsteam hinter sich hat mit einem zweiten Caster, dann ist es natürlich anders. Dann muss man vor allem in der Lage sein, sich mit dem zweiten Caster die Bälle hin und her zu spielen. Man muss eine gewisse Synergie mit dem Co-Caster aufbauen. Das kommt normalerweise nicht von heute auf morgen, sondern dauert seine Zeit.
Snowholmes: Was für Hardware nutzt du zum Casten?
Khaldor: Ehm, es war nicht billig. Die neue Maschine ist schon relativ ordentlich.
Snowholmes: Du nutzt also nicht nur einen Rechner für alles.
Khaldor: Nein, ich habe zwei Rechner. Allerdings streame ich nur über einen. Der zweite Rechner stellt einen Cleanfeed für Caster von anderen Sprachen zur Verfügung, damit diese auch in der Lage sind zu moderieren und nicht einen Stream restreamen müssen, den sie dann zwangsläufig muten müssen, um die Casterstimme auszustellen. Den zweiten Rechner nehme ich auch für die Videobearbeitung. Der eigentliche Stream läuft aktuell über den ersten PC.
Snowholmes: Also hast du es dir zur Aufgabe gemacht den Cleanfeed für Andere zur Verfügung zu stellen, damit diese ordentlich casten können.
Khaldor: Mir liegt viel daran die Szene wachsen zu sehen und ich habe kein Problem damit, dafür dann auch Zeit und Geld zu investieren, damit es läuft, weil ich will, dass Heroes groß wird. Das Spiel ist da auch auf einem guten Weg.
Das Problem was wir haben ist: Dadurch, dass Heroes die Starcraft 2 Engine verwendet, sind die Observer-Slots leider auf 2 reduziert. Das macht es für anderssprachige Observer schwer mit in die Lobby zu kommen und das Spiel selbst zu streamen. Normalerweise hast du einen, wenn nicht zwei, englische Caster. Wenn ich jetzt den Cleanfeed zur Verfügung stelle, bin ich in der Lage denen die Möglichkeit zu bieten das ganze Spiel zu verfolgen. Teilweise haben sie es dann noch ein bisschen einfacher, da Sie sich nicht noch um die Kameraführung kümmern müssen, das mache ja dann komplett ich. Daher können die anderssprachigen Caster dann ihren Zuschauern auch einen Stream bieten, der nur den Ingame Sound hat, da sie sonst wie ich schon sagte den Sound muten müssten, um den anderen Caster nicht zu hören.
Snowholmes: Wieviel Stunden die Woche steckst du in Heroes und Videobearbeitung und alles was dazugehört?
Khaldor: Puh, ehm. Also sagen wir es mal am Tag. Ich bin am Tag mal easy mit dem gesamten Kram mit Heroes, mit Leuten reden, organisieren, casten, Videos schneiden minimum 10 Stunden beschäftigt. Das ist das Minimum pro Tag. Wenn ich zu Hause bin, bin ich in irgendeiner Form am PC, rede mit Leuten über neue Turniere usw. Es ist ja nicht so, dass ich mich einfach nur hinsetze, caste und dann bin ich fertig, sondern es gibt extrem viel, dass man vorbereiten muss. Du redest mit den Organisationen, die wollen Statistiken von dir haben. Im Idealfall bist du soweit in die Turniergestaltung involviert, dass du Feedback geben kannst z.B. “Passt auf Jungs, wir müssen am Turnier das und das ändern, da gibt‘s Probleme im Regelwerk, lasst uns daran arbeiten”. Es kommt ein neuer Patch raus, da müssen Entscheidungen getroffen werden wie: Erlauben wir eine neue Map. Erlauben wir einen neuen Hero. Es gibt immer mal wieder Probleme mit Teams, die gelöst werden müssen. Dann muss das ganze natürlich gecastet werden, es müssen die Videos bearbeitet werden, geschnitten werden, auf Youtube hochgeladen. Dann mit Photoshop Thumbnails erstellen und eben der ganze Kram. Also es sind schon relativ viele Kleinigkeiten, die extrem zeitfressend sind und einen Großteil an Arbeit generieren, den die meisten Leute nicht sehen, weil er einfach nicht transparent ist.
Du siehst halt jemanden Casten und später taucht ein Video auf Youtube auf, aber es ist deutlich mehr als das.
Außerdem muss ich das Spiel ja auch spielen. Ich bin pro Tag ungefähr 3 Stunden dabei, dass Spiel zu spielen. Außer ich habe mal wieder Hardcore Tage an denen ich 2 oder 3 Turniere Pro Tag habe, dann kommt das Zocken in der Zeit ein bisschen kurz, aber normalerweise bin ich bemüht zwischen zwei und drei Stunden mindestens zu spielen, einfach damit ich mich auch auf dem Laufenden halten kann. Mein Main Account hat momentan um die 3.000 Spiele, dann habe ich noch einen zweiten auf NA, der auch relativ viele hat und hab noch zwei Smurfs. Da wird relativ viel Zeit reingesteckt um zu schauen, dass man mit der Meta am Ball bleibt. Dann wird noch mit den Spielern geredet, Scrimms geschaut. Das gehört auch noch dazu. Dann ist ein Turnier vorbei und danach springe ich in die nächsten Scrimms von Spielern und schau mir an wie die trainieren und mit was die momentan arbeiten. Das hilft natürlich auch am Ball zu bleiben, wie die Teams sich neuformieren, aber da darf ich natürlich nicht drüber reden, ansonsten würden mich die Spieler nicht mehr in ihre Scrimms lassen. Ich habe einen relativ guten Draht zu eigentlich allen Pro Teams und dementsprechend haben die auch keine Probleme, wenn ich denen bei den Scrimms zuschaue.
Snowholmes: Was hält dich an Heroes, außer dass du es beruflich machst. Anders gefragt, warum bist du nicht zu Starcraft oder Dota?
Khaldor: Also ich habe einige Zeit Dota 2 gespielt, bevor ich mit Heroes angefangen habe. An Dota gab es auch gewisse Sachen, die mir nicht so gefallen haben. Das gibt es natürlich bei Heroes auch, es ist nicht so, dass ich sagen würde das Spiel ist perfekt oder es gibt nichts mehr zu verbessern. Momentan gibt es ja viel Diskussion über das Matchmaking und andere Geschichten. Aber grundsätzlich ist es so, dass seit dem Tag, an dem ich meinen Alpha Key für Heroes bekommen habe, habe ich Dota nicht mehr angefasst.
Heroes of the Storm merzt fast alles aus, was mich an Dota gestört hat. Ich muss mich endlich nicht mehr 40 Minuten durch ein Spiel quälen, wenn ich im Draft schon weiß, dass das Spiel verloren ist. Es ist einfach viel Aktion, ich habe keine lange Laning-Phase, es geht direkt zur Sache und es macht einfach deutlich mehr Spaß.
Snowholmes: Was glaubst du sollte Blizzard machen, damit Heroes noch besser wird?
Khaldor: Das Potenzial um Heroes zu verbessern ist eigentlich fast endlos. Ich finde diese Idee mit dem Arena-Modus, sehr sehr cool. Blizzard muss halt noch daran arbeiten, dass es im Competitive Bereich, für die Spieler attraktiver wird. Die Kritik an Heroleague ist gigantisch, auch schon seit Langem, da muss sich was ändern. Das Matchmaking muss verbessert werden. Das Ranking System muss dringend verbessert werden und die Grandmaster-Liga, die ja bereits angekündigt wurde, muss einfach kommen. Davon abgesehen, die neuen Helden, die sie bringen, das hilft eigentlich alles schon. Man kann noch viel verändern, was jetzt vor Allem den Observerbereich angeht, um es den Caster noch etwas einfacher zu machen, was dann natürlich auch den Zuschauern zugutekommt. Und solche Geschichten.
Auch clientseitig können noch ein paar Sachen eingebaut werden, wie z.B. Voice für die Teams, das ist etwas, was meiner Meinung nach notwendig ist. Heroes ist ein Spiel, das extrem von der Teamkoordination abhängt, dass Voice einfach ein must-have ist. Natürlich gibt es dann auch immer wieder Leute die das abusen, aber dafür kann man es dann muten.
Snowholmes: Nochmal zurück zum Streamen. Du castet jetzt das Enter the Storm und die EU Qualifier. Sehen wir dich in Kattowitz?
Khaldor: Keine Ahnung.
Snowholmes: Schade, also bist du noch nicht von Blizzard angefragt worden?
Khaldor: Nein, aber ich bin mir auch relativ sicher, dass Blizzard da noch keine endgültige Entscheidung getroffen hat.
Snowholmes: Abgesehen davon, dass es noch keine Entscheidung gibt. Willst du nach Kattowitz?
Khaldor: Wollen schon, ob ich dann dahin komme ist etwas Anderes.
Snowholmes: Wir drücken dir die Daumen. Dann vielen Dank für deine Zeit es war sehr interessant und hoffentlich auf bald im Nexus.
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